Pläne und Karten
Sonderausstellung im Museum der Fondation Rilke
5. November – 22. Dezember 2024
Geöffnet von Dienstag bis Sonntag, 14–18 Uhr
Im Jahr 2024 erwarb die Fondation Rilke zehn wertvolle Briefe von Rilke an die Schriftstellerin Elisabeth von Schmidt-Pauli (∗ 1882 in Hamburg, † 1956 in München). Im Rahmen der zweisprachigen Ausstellung werden die bislang unbekannten Dokumente zum ersten Mal der internationalen Öffentlichkeit präsentiert. Der vollständige Text der zehn Briefe Rilkes wird im Frühjahr 2025 in der Zeitschrift SINN UND FORM vorgestellt. Eine deutsche Übersetzung wird auf der Website der Fondation Rilke zugänglich sein.
Karten und Pläne / 1
Der Dichter und die Schriftstellerin lernen sich während der letzten Monate des Ersten Weltkriegs in München kennen. Elisabeth von Schmidt-Pauli unternimmt in den Kriegs- und Nachkriegsjahren zahlreiche internationale Reisen zu wissenschaftlichen und karitativen Zwecken.
Am 14. Oktober 1918 schreibt Rilke ihr: „So sehr ich Kiew liebe –: Sie denken doch nicht daran, sich jetzt hin verschicken zu lassen?“ Nach der Februarrevolution 1917 war die Situation in der Ukraine von schweren Konflikten geprägt.
Karten und Pläne / 2
Rilkes Brief vom 21. Juni 1921 vermittelt einen lebendigen Eindruck von seiner Suche nach einer Bleibe. Er hält sich zu dem Zeitpunkt in Etoy am Genfer See auf.
Elisabeth von Schmidt-Pauli hatte versucht, einen Kontakt nach Niederschlesien zu vermitteln – für einen Schreibaufenthalt in Wölfelsgrund / Międzygórze. Nach ihren Schilderungen distanziert er sich von dem Projekt: Das Haus sei zu sehr „Häuschen“, der Garten bloß ein „Gärtchen“, der Nachbar zu nah…
Am 30. Juni 1921 entdeckt er in einem Schaufenster in Sierre eine Fotografie des Turms von Muzot – und nimmt Verhandlungen auf.
Karten und Pläne / 3
Am 5. Dezember 1922 dankt Rilke seiner Briefpartnerin für ihre Geburtstagswünsche und kündigt die Publikation der „Duineser Elegien“ sowie der „Sonette an Orpheus“ an.
Ich zeichne, wenn ich Ihnen die Bücher sende, in Ihren Zimmerplan das Buch ein, mit Roth, auf dem Thee-Tisch (der ja, auf japanisch, ein Altar ist) genau vor Ihren Platz, wie man als Kind eine schöne Stadt, rund, – ◉ – in eine Landkarte einzeichnet, eine Haupt-Stadt.
Karten und Pläne / 4
In stilistischer und ästhetischer Hinsicht unterscheiden sich die Briefe von Elisabeth von Schmidt-Pauli an Rilke stark von den seinen. Rilke schreibt diszipliniert, präzise und diskret, während die Handschrift der Schriftstellerin expressiv und unregelmäßig ausfällt.
Rilkes Brief vom 8. März 1924 zeugt von einer gewissen Gereiztheit.
Sie schicken mir des accents sans paroles: « aigus », « graves », et « circonflexes », avec rien en dessous [Akzente ohne Wörter, Akut, Gravis, Zirkumflex, mit nichts darunter].
Der Wechsel der Sprache ermöglicht Rilke, seine Kritik abzumildern und Distanz zu gewinnen. Seine Briefpartnerin hingegen sucht nach einer eigenen Form, als sie ihre Erinnerungen an Rilke viele Jahre später zusammenfasst: Rainer Maria Rilke. Ein Gedenkbuch [Basel: Schwabe, 1940].