Einige Walliser Orte, die für Rilke bedeutsam waren
Muzot
Der mittelalterliche Wohnturm, in dessen Schutz der Dichter seine Hauptwerke vollenden oder schreiben sollte, befindet sich auf dem Gemeindegebiet von Veyras, unweit von Sierre (Siders). Wanderungen nach Muzot mit Blick auf den Garten sind möglich, doch ist das Schlösschen nach wie vor in Privatbesitz und Besuchern nicht zugänglich. Von Muzot aus unternahm Rilke Spaziergänge in den Bernunes, nach Venthône und Mollens, in den Pfynwald und auch nach Vercorin auf der gegenüberliegenden Talseite.
Kapelle von Muzot
Die Kapelle links oberhalb des Wohnturms (1781) war zu Rilkes Zeit unter dem Namen Sainte-Anne bekannt, obschon sie eigentlich der Darbringung Mariä im Tempel geweiht ist (möglicherweise ein Anklang an die frühere Kapelle, die – am selben Ort – der hl. Agnes, später dem hl. Sebastian geweiht war). Rilke veranlasste im letzten Lebensjahr einige Unterhalts- und Renovationsarbeiten. Das Bild der Muttergottes (Gnadenbild der Augustiner-Eremiten von Brünn) und die Lampe davor sind ein Geschenk von Rilkes Mutter an die Kapelle (1930); sie stammen vom Eingangsportal ihres Elternhauses in der Herrengasse 8 in Prag.
St-Pierre-de-Clages
Rilke hat die romanische Kirche des Orts mehrmals besucht.
Leukerbad
Rilke stattete dem Ort am 13. Juli 1923 einen einzigen kurzen Besuch ab. Weit lieber wanderte er der wilden Rhone entlang über Varen nach Leuk-Stadt, namentlich in Begleitung von Jean Strohl.
Sion (Sitten)
Rilke hat die Hauptstadt des Wallis mit ihren Hügeln Valeria und Tourbillon immer wieder besucht.
Raron
Rilke entdeckte den Ort schon bei einem Besuch am 16. August 1921. Am 8. Oktober 1922 besuchte er dort eine Theateraufführung, und zwar ein Stück von René Morax, «Die Quatembernacht», in der deutschen Übersetzung von Jakob Bosshart. In seinem Letzten Willen vom 27. Oktober 1925 bestimmte Rilke den Friedhof von Raron zu seiner letzten Ruhestätte. Im Museum „auf der Burg“ im alten Pfarrhaus von Raron ist ein Raum dem Andenken des Dichters gewidmet.
Lens und Corin
Am 30. September 1921 unternahm Rilke mit Baladine Klossowska eine Exkursion nach Lens, einem am Talhang zwischen Sierre und Sion gelegenen Ort. Er berichtet darüber in einem Brief an Jean und Frida Strohl:
„Das war wie ein Spaziergang, mühelos und fast ohne Ziel, der uns an jeder Wegbiegung Freude bereitete und uns überraschte. (Haben Sie auch in der sanften kleinen Kirche in Corin-la-Chapelle halt gemacht?)“
Am 1. Juni 1924 wird Rilke die Kapelle von Corin erneut besuchen und schon ein Jahr davor in einem Brief an Alma Moodie (3. April 1923) erwähnen:
„Ich komme auf einem langen und herrlichen Umweg vom Bahnhof zurück und habe mich einen Moment lang in der rustikalen Dorfkapelle von Corin hingekniet – eine dieser Kapellen die allen Göttern dient –, ich habe gebetet, dass sie Sie segnen, Ihre Hände, welche die erwachsene und kräftige Geige zum Singen bringen, Ihre Schulter, welche die unzähligen Schwingungen stützt –, und den Saft im Grunde Ihrer noch jungen Kraft.“
Der Pfynwald, die Hügel, die Rhone
Wanderungen führen Rilke des öfteren in den nahen Pfynwald:
„Draußen ist ein Tag unerschöpflich in seiner Herrlichkeit, dieses von Hügeln bewohnte Thal, immer giebt es neue Wendungen, Abwandlungen, comme si c’était encore le mouvement de la création qui remuait les aspects changeants. Nun haben wir uns die Wälder entdeckt (Forêt des Finges) voller kleiner Seeen, blauer, grünlicher, fast schwarzer –, welches Land hat soviel Einzelheiten in so großem Zusammenhang; es ist wie der Schlußsatz einer Beethoven-Symphonie.“
An Nanny Wunderly-Volkart, 15. Juli 1921